Dein Weingut befindet sich in Herxheim am Berg. Was sind die prägenden Eckpfeiler dieser Region und eures Betriebes?

Herxheim liegt direkt an der deutschen Weinstraße im nördlichen Teil der Pfalz und ist deutlich von den Kalksteinböden geprägt. Die Hügel, die der Sonne zugeneigt sind wärmen sich tagsüber gut auf und nachts kommen die kühlenden Winde aus dem Pfälzer Wald. Unser Betrieb hat eine lange Tradition bis ins 17. Jahrhundert, als Caspar Gabel 1655 mit dem Weinbau in unserer Familie begonnen hat. Inzwischen bin ich die 13te Generation, die unter dem Namen Gabel Weinbau betreiben darf. Eine Besonderheit in unserem Weingut ist unser Holzfasskeller aus dem 19. Jahrhundert mit über 70.000 Liter Volumen. Die ältesten Fässer sind 140 Jahre alt und in diesen Fässern gärt ein Großteil unserer Weißweine.

Oliver, wo hast du gelernt und gearbeitet, bevor du in den elterlichen Betrieb eingestiegen bist?

Ich habe 2009 ein duales Studium Weinbau und Oenologie in Neustadt an der Weinstraße begonnen. Die ersten beiden Ernten habe ich im Kaiserstuhl beim Weingut Franz Keller verbracht, wo ich 16 Monate gewohnt habe. Danach habe ich noch eine Ernte im Weingut Knipser im Laumersheim sowie eine Ernte in Bordeaux, Stellenbosch (Südafrika) und im Burgund absolviert.

Obwohl dein Wein-Portfolio eine durchgängig großartige Qualität aufweist, sind aus unserer Sicht Weiß- und Spätburgunder Lieblings-Rebsorten von dir? Woher stammt diese Leidenschaft?

Die Rebsorte Spätburgunder begeistert wahrscheinlich jeden Winzer weil man so spannende, komplexe und vielschichtige Weine erzeugen kann und mit den Kalksteinböden hier um Herxheim herum kann man gar nicht anders als sich voll darauf zu stürzen. Bei meiner Liebe für den Weißburgunder werde ich manchmal belächelt, gerade weil ich so viel davon noch in meine besten Lagen gepflanzt habe. Aber ich bin total überzeugt, dass es zu den ganz großen Weißweinsorten dazugehört und was ich immer faszinierend finde ist, dass man Gutsweine mit feinem Schmelz und schöner Frucht bis hin zu langlebigen Einzellagenweinen mit enormer Spannung erzeugen kann.

Das Anbaugebiet Pfalz ist unglaublich vielseitig und mit zahlreichen Top-Weingütern gespickt. Man muss sich durchaus gut positionieren, um Aufmerksamkeit zu wecken. Wo siehst du deine Stärken und dein Alleinstellungsmerkmal?

Ich bin froh, dass in der Pfalz eine so große Dynamik herrscht und enorm viel Positives geschieht. Bei uns sind die Stärken auf jeden Fall bei den Burgunderweinen, mit denen wir viele Genießer begeistern können. Gerade die Kombination aus biologischen Weinbau, Spontanvergärung in den Holzfässern, Weine mit Eleganz und Spannung hat uns in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit beschert.

Leckere Weine bringen viele Winzer auf die Flasche. Deine Weine verfügen jedoch über viel Charakter und eine ganz individuelle Handschrift…. Wie hat sich diese aus deiner persönlichen Sicht in den letzten Jahren entwickelt bzw. auch verändert?

Im Allgemeinen hat sich die Qualität des deutschen Weins in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich verbessert. Das war vor allem durch eine gute Ausbildung der Winzer, technischer Fortschritt der Kellerwirtschaft aber auch der aktuell positive Einfluss der Klimaveränderung. Dadurch ist es immer schwieriger sich einfach durch „gute Qualität“ abzuheben. Viele Kunden suchen aber sehr individuelle und charaktervolle Weine und nicht nur frisch und fruchtig. Für uns als kleines handwerkliches Weingut ist das eine große Chance, da alle Weine aus unseren eigenen biologisch bewirtschafteten Weinbergen stammen und wir ganz individuell arbeiten können.
Unser Ziel ist auch nicht, dass jedem immer unsere Weine schmecken müssen sondern wir finden die Kunden, die unsere Weine und unseren Stil spannend finden. Der Weg der Positionierung und sich nicht zu verbiegen bleibt meiner Meinung nach super wichtig.
Uns ist aufgefallen, dass deine Weine über eine enorme Stabilität und ein ambitioniertes Lagerpotenzial verfügen. Sie wirken zudem nicht „fruchtgetrieben“ sondern zeigen Substanz und Herkunftscharakter.

Wie erreichst du diese Stilistik?

Das hat meiner Meinung nach mit verschiedene Faktoren zu tun. Zu allererst ist der biologische Weinbau enorm wichtig um die Weinberge in ein gutes Gleichgewicht zu bekommen, damit wir aromatische ausgewogene Trauben ernten. Dann die Spontangärung, ohne Einsatz von Reinzuchthefen. Dadurch haben die Weine zwar eine weniger laute Frucht aber die Frucht, die da ist, zeigt sich für uns harmonischer. Wir lassen die Weine auch immer bis ins Frühjahr auf der vollen Hefe liegen. Dadurch bekommen sie mehr Struktur und es hilft der Alterungsfähigkeit deutlich.

Dir ist eine nachhaltige und im Umgang mit der Natur sensible Landwirtschaft extrem wichtig. Das Thema Klima-Entwicklung steht jedoch auch bei euch im Zentrum der Arbeit. Was sind für dich die wichtigsten Faktoren, um für die nächsten Jahre bzw. Jahrzehnte gut aufgestellt zu sein?

Wie vorhin schon erwähnt ist der deutsche Weinbau aktuell noch ein Profiteur der Klimaveränderung. Die hohen Qualitäten, die wir Jahr für Jahr erzeugen können, gab es so nicht wenn mir mein Vater über seine Zeit gerade in den 70er und 80er Jahren erzählt. Wir merken aber auch, dass es langsam zum Negativen kippt. Gerade die Trockenheit hat uns in vielen Jahren vor große Herausforderungen gestellt (auch wenn wir wie 2021 oder jetzt ab August auch Zeiten mit reichhaltigen Niederschlägen hatten). Zudem werden die Wetterereignisse immer extremer mit Starkregen, Hagel etc. Die milden Winter führen auch zu einem sehr frühen Austrieb mit dem großen Risiko der Spätfröste.
Als einzelnes Weingut können wir da wenig an den klimatischen Veränderungen machen, auch wenn wir beispielsweise über unsere Photovoltaikanlage mehr Energie erzeugen als wir verbrauchen. Daher ist unser größter und bedeutendster Schlüssel unsere Böden. Durch Humusaufbau, vielfältige Begrünungen und angepasste Bodenpflege können wir in den trockenen Perioden besser mit unserem Wasser haushalten und bei Extremwetter wie Starkregen schwemmt nicht unser ganzer Boden ab.

Müssen wir die Konsumenten zukünftig noch mehr für handwerkliche Produkte sensibilisieren?

Wir haben das Gefühl, dass auch hier die Schere immer weiter auseinander geht…

Die Welt im Ganzen ist einfach super komplex und daher ist für viele leider Wein und auch Lebensmittel im Allgemeinen nicht so ein wichtiges Thema. Wenn man aber mal mit Kunden auf dem Weingut im Gespräch ist und sie sehen, wie eigentlich handwerkliche Produkte hergestellt werden, sind viele enorm überrascht und sehen ein, dass es eigentlich gar nicht möglich ist, Weine für 4-5 € im Geschäft zu führen. Und wenn man dann einmal das Interesse  und die Begeisterung am Thema Wein entfacht hat und sich parallel dazu den handwerklich hergestellten Produkten widmet, werden industriell produzierte Weine immer bedeutungsloser. Daher versuchen wir die Menschen mehr dafür zu sensibilisieren aber auf eine genussreiche Art, ohne sie belehren zu wollen.

Aktuelle Statistiken zeigen auf, dass der Weinkonsum rückgängig ist. Beschäftigt dich dieses Thema nachhaltig oder siehst du dem relativ gelassen entgegen?

Die Zahlen des niedrigen Weinkonsums und der weltweiten Überproduktion könnten einen als Winzer schon erschrecken. Wahrscheinlich wird es da auch zu noch größeren Umbrüchen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten kommen. Verrückt mache ich mich aber nicht, da ich mich mehr darauf konzentriere was ich selbst in der Hand habe:  Gute handwerkliche Weine zu erzeugen und die Kunden zu finden, die Spaß daran haben.




 

O L I V E R   G A B E L

 

 


Zurück zur Startseite

© 21.03.2024